HSV Alzey 2 - SC Lerchenberg 27:21

Spürt ihr das ? Herzbeben !

Der Punktgewinn zum Saisonauftakt in Nierstein war Gold wert. Einen besseren Einstand konnte es für den neuen Teamchef nicht geben. Gleich bei seinem ersten Spiel als „All-Stars-Verantwortlicher“ einen Punkt in der C-Klasse ergattern, noch dazu auswärts, nur wenige Trainerkoryphäen haben ihre Karriere so begonnen.
Die Feierlichkeiten darüber wurden flugs auf das Winzerfestwochenende verschoben. Zum anvisierten „Frühschoppen“ am Sonntagmorgen erschienen 14 Punktejäger, welche durch den Punktomatbeauftragten begrüßt wurden. Eine ebenso freudige Begrüßung sprach der Tippunwinbeauftragte aus, der, gut vorbereitet, den Fokus gezielt auf die nächste Partie gegen den SC Lerchenberg 1 legte. Nachdem Tippunwin nach der letzten Partie eine, durchaus nicht ganz freiwillige Spende an die „Griechenlandhilfe“ überreichte, sollte mit dem Topspiel des zweiten Spieltages der CKM wieder alles anders/besser werden. Das neue Premiumprodukt, die „Lercheberscher 3er Wette“, fiel vor Ort generationsübergreifend auf fruchtbaren Boden. Während am Riesenrad und beim Autoscooter gähnende Leere herrschte war der Infostand von Tippunwin einer Dauerbelagerung ausgesetzt. Der komplett anwesende Vorstand des Fördervereins staunte da nicht schlecht, überlegt er doch mittlerweile im nächsten Jahr als Franchisenehmer zu agieren. Alternativ planen sie auf dem Alzeyer Weihnachtsmarkt einen Infostand, um den sonntäglichen Frühschoppenwinzerfestbesuch mehr in das öffentliche Interesse zu rücken. Tippunwin ist da, mit seinem steten Expansionskurs, bereits weiter, versteht es dieses Start-Up-Unternehmen doch ganz ausgezeichnet weitere Gönner und Förderer zu akquirieren.
Doch Nierstein war Geschichte, dass Topspiel der C-Klasse-Männer stand an und es sollte zu einigen Verwicklungen und Wirrungen führen, die einen durchaus negativen Einfluss auf die akribische Vorbereitung des neuen Teamchefs hatten. Sky Deutschland, als Premiumhandballsender, hatte für dieses Wochenende die Auswahl zwischen zwei Topspielen. Entweder eine Übertragung aus Alzey, oder eine unbedeutende Partie in Mannheim, zwischen der SG Kronau-Östringen und dem THW Kiel, wobei der Ausgang dieser Begegnung im Vorfeld relativ klar war. Dort also eine Partie ohne erkennbaren Spannungsbogen und in der heimlichen Hauptstadt Rheinhessens das Spiel, das die Massen immer wieder auf´s Neue elektrisiert. Nach der Abschlussbegehung in der Rundsporthalle gab es aber Probleme mit den Kamerastandplätzen. Die vorgeschlagenen Standorte hätten einen Wegfall von zig Zuschauerplätzen zur Folge gehabt. Dies wiederum rief den Fördervereinsvorsitzenden Götz Pönitz auf den Plan. Er, der seit Jahren dafür kämpft die Zuschauerkapazitäten der Rundsporthalle signifikant zu erhöhen, war mit dieser Vorgehensweise überhaupt nicht einverstanden. Die Pläne zur zeitnahen Errichtung einer neuen Nord- ( nur als Stehplatzausbau ) und Südtribüne ( mit zusätzlichen Logen für die VIP´s ) sind längst in den zuständigen Gremien abgesegnet worden, einzig eine kleine Finanzierungslücke verhindert den Spatenstich noch in diesem Jahr. Allerdings scheint es so, das mit dem Wüstenstaat Katar das letzte Puzzleteil zur Umsetzung gefunden ist. Mit Stadionneubauten/Umbauten haben diese derzeit eine Unmenge an Erfahrung gesammelt. Wie man gerüchteweise hört wollen die Kataris auf dem derzeitigen Dach der Rundsporthalle noch diverse Handballbeachplätze anlegen, auch eine Kamelrennbahn ist im Gespräch.
Die Kreisverwaltung Alzey prüft nun intern, inwieweit Kamelrennen auf Hallendächern besonderen Genehmigungsverfahren unterliegen, eine zeitnahe Antwort erscheint unwahrscheinlich…….
Doch zurück zum Wesentlichen.
Da es von HSV-Seite keinerlei Zugeständnisse bezüglich dem Wegfall von Zuschauerplätzen gab und Alternativstandorte von der Gegenseite abgelehnt wurden, kam es wie es kommen musste. Der Vorvertrag zur Übertragung wurde kurzfristig, einseitig aufgekündigt, die bereits gebuchten Einlaufkids der WBJ und WCJ waren davon aber leider nicht betroffen. Deren Vertragswerk war etwas undurchsichtiger und so mussten die Mädels leider in Mannheim ihren vertraglichen Pflichten nachkommen. Das dies nicht bei Allen auf grenzenlose Zustimmung fiel versteht sich von selbst, punktuell sollen sogar bittere Tränen der Enttäuschung geflossen sein.
Doch die Woche vor dem Spiel bot auch positive Aspekte. Das Kartenkontingent, welches den Gästen aus Lerchenberg zur Verfügung gestellt wurde, kam nahezu vollständig zurück. Diese Information verbreitete sich in Alzey und seinem Umland wie ein Lauffeuer, kurzerhand wurde ein Sonderticketschalter eröffnet. Dies führte zu langen Warteschlangen, vereinzelt wurde die Nacht von den Wartenden auch auf Isomatten oder in Schlafsäcken verbracht, wohl dem der noch ein Ticket ergattern konnte.
All dies wurde, soweit es eben ging, auf dem sportlichen Sektor ausgeblendet. Im Abschlusstraining wurde klar, der Teamchef ist vorbereitet. Unzählige DVD´s und Videomitschnitte der letzten Jahre hatte er sich vom SC Lerchenberg in den letzten Nächten angesehen. Daraus erkannte er, das Spiel wird über eine ausgeklügelte Taktik gewonnen. So wurden dann alle möglichen Raffinessen der Gegner im Training simuliert, er hatte eine Schwachstelle im Angriffsspiel der Mainzer Vorortler entdeckt.
Die sollte mit dem „schnellsten Fuchs Alzeys“ und unserem „Rocket Man“ ( Raketen-Max ) gewinnbringend genutzt werden. Die Umsetzung im Training klappte dann so, das nicht ganz erkennbar war, wer mit dieser Taktik mehr verwirrt werden würde, Gegner oder die eigenen Mitspieler.
Die „älteren Semester“ nahmen es gelassen, lass die Jungen rennen und überhaupt, wo Raketen-Max dabei ist verkommt Speedy Gonzales zur Schnecke.
Am Spieltag wurde dann schnell deutlich, wer nicht rechtzeitig kommt wird massivste Parkplatzprobleme bekommen. Die Stadt Alzey hatte deswegen eine Sonderbuslinie eingeführt, die vom Großparkplatz in der „Frankenstrasse“ zum Haupteingang „Mehlbergweg“ im 10 Minutentakt unterwegs war.
Das Angebot wurde stark frequentiert, hier machte sich bemerkbar das es sicherlich kein Fehler war eine Umstellung des Ticketings vor der Saison durchgeführt zu haben. Die Eintrittskarte der Herren 2 beinhaltet die kostenlose Anreise mit dem öffentlichen Nahverkehr im Alzeyer Stadtgebiet.
Das Team bekam von all dem wenig mit, fokussiert auf die kommende Aufgabe, spulte es routiniert sein Warmmachprogramm herunter. Überraschenderweise schaffte es auch „die Katze“ ( Jürgen Söhnle ) zum Spiel. Nach der Partie in Nierstein jagte eine Interviewanfrage die nächste, sodass er leider 3 Wochen lang nicht trainieren konnte, für das Wochenende hatte er aber alle terminlichen Anfragen kategorisch abgelehnt. Unterstützung hielt er vom Stammtorwart der Herren 1 ( siehe AZ vom 12.10.2018 ), unserem letztjährigen „MVdH3“ Guido Schmidt.
Genug der Worte. Pünktlich um 17.30 Uhr sollte die Begegnung beginnen, Schiedsrichter Florian Schäfer begrüßte die beiden Teams und gab die Regeln für eine Kommunikation mit ihm in den nächsten 60 Spielminuten bekannt. Im Nachhinein lässt sich sagen das davon ( zu ) wenig Gebrauch davon gemacht wurde.
Durch die ( für seine Verhältnisse ) extrem kurz gehaltene Ansprache erfolgte der Anpfiff noch vor Einbruch der Dunkelheit.
Und der HSV legte los wie die sprichwörtliche Feuerwehr, ehe sich die Gäste versahen, lagen sie mit 1:5 zurück. Die Fans rieben sich verwundert die Augen, so ein spielerisches Feuerwerk hatten sie schon lange nicht mehr gesehen. Dann aber geriet der HSV-Angriffswirbel ins Stocken, die Lerchenberger robbten sich wieder heran und nach 16 Spielminuten war beim 5:4 für den HSV klar, jetzt wird es das erwartete zähe ringen um jeden Zentimeter des Hallenbodens. Auch wenn sich der HSV wieder auf 9:5 absetzen konnte, das eigene Angriffsspiel blieb durchschaubar und die einstudierte Abwehrvariante war längst Plan B, abgelöst von Plan C, momentan Plan D gewichen. Im Tor hatte die „Katze“ bereits ihren Platz für den „MVdH3“ geräumt. Der war allerdings zunehmend unzufrieden/er mit der Performance seiner Vorderleute und brachte dies auch deutlich zum Ausdruck. Zwischenstand zu diesem Zeitpunkt 9:8. Das allseits umjubelte Comeback von „Müller dem Schnellen“ ( Thomas Müller ), nach langer Verletzungspause, wurde mit dem 10:8 gekrönt. „Müller der Schnellere“ ( Michael Müller ), auf der linken Außenbahn, kämpfte derweil mit dem Abwehrbeton der Gäste. Mit einem 10:9 Pausenstand war noch alles drin, für beide Seiten. Eine Tempoverschärfung war die Zielsetzung für Halbzeit zwei und „Raketen-Max“ bekam glänzende Augen. Seine Mitspieler reagierten da reservierter, kam jetzt „Nierstein 2.0“, oder sollte unser wieselflinker Aussenstürmer tatsächlich zu dem taktischen Mosaiksteinchen werden das uns fehlte ?
Der Start, analog zu Halbzeit 1, wieder verheißungsvoll. Unser „Nordlicht“ ( Torsten Hanzlik ), rechtzeitig vom Niersteiner Fallvirus befreit, mit einem Rückraumknaller und unser „Kroate“ ( Robert Dvorak ) sorgten für das 12:9. Die Gäste jedoch blieben ihrer Linie treu, warten bis sich eine Chance ergibt und dann gnadenlos zuschlagen. Nach dem 13:11 waren die unzähligen Fehlzündungen von „Raketen-Max“ plötzlich Makulatur. Innerhalb von 4 Minuten war er zweimal erfolgreich, ein Beleg dafür was man in so kurzer Zeit auch fertigbringen kann. 16:12, eine Vorentscheidung ? Nein weil der HSV an diesem Tag einfach mehr mit sich als mit dem Gegner zu tun hatte. Während die Gäste locker und ohne Druck aufspielen konnten verkrampften die Gastgeber ob der gewaltigen Zuschauerkulisse zusehends mehr, mit 17:16 ging es in die Schlußviertelstunde. Doch dann gaben die Fans noch einmal alles, mit stehenden Ovationen ging es in die Crunchtime. Und dort wurde eine ausverkaufte Halle Zeuge eines unglaublichen Kabinettstückchens. In der 47. Spielminute brachte Ex-König Sascha das Publikum zum Toben. Ein eigentlich völlig verunglückter Pass zu ihm aus dem Halbfeld wurde zur Demonstration der hohen Handballschule. Bei ihm scheint das Leiterkoordinationstraining des Teamchefs definitiv angeschlagen zu haben. Behände wie eine Feder tanzte er seinen Gegenspieler aus um dann noch eine Pirouette um diesen zu drehen, ein kraftvoller Absprung und mit all seiner Routine netzte er zum 19:16 ein. Die Fans jetzt völlig außer Rand und Band, „Sascha,Sascha-Sprechchöre“ hallten durch die Arena. Es war der emotionale Dosenöffner für seine Mitspieler, das Jungvolk ( Lukas Fuchs und „Rakete“ ) erhöhte auf 22:17, Auszeit SC Lerchenberg.
Man verstand nun sein eigenes Wort nicht mehr, auch die beiden Zeitnehmer erwachten aus ihrer Lethargie. Die letzten 8 Spielminuten gerieten nun zum Schaulaufen, der HSV war längst im Feiermodus und die Gäste wussten: Da ist heute nix mehr zu holen. Annähernd 50 Spielminuten hatten sie ein offenes Spiel erzwungen, doch jetzt war der HSV-Express nicht mehr zu stoppen.
Der letzte Treffer zum 27:21 wurde zwar von Lerchebergern erzielt, ging aber im Jubel der Fans unter die die letzten 10 Spielsekunden lautstark nach unten gezählt hatten.
Der HSV katapultierte sich mit diesem Sieg auf Tabellenplatz 2, aber auch Lerchenberg bleibt als Fünfter noch im Vorderfeld platziert.
Bereits am kommenden Wochenende steht das nächste Spitzenspiel an. Der Tabellenzweite ( HSV Alzey 2 ) empfängt seinen direkten Verfolger ( DJK GW Büdesheim III ). Anpfiff zu der Partie ist um 14.30 Uhr in der RS Alzey. Für das Spiel gibt es noch Eintrittskarten in allen Kategorien.
Für den HSV Alzey spielten:
Tor: Jürgen Söhnle und Guido Schmidt
Feld: Max Laubner (3), Sascha Weinmann (1), Thomas Müller (2), Michael Müller, Dirk Egner (1), Ecky Hofrath (7), Robert Dvorak (4), Torsten Hanzlik (3), Lukas Fuchs (2), Dieter Jacob, Volker Ahr; Florian Kosiol (4/1)